Seit 17.01.1971 ist die Straßenbahnlinie 2 in Graz
Geschichte. Damit entstand nicht nur eine Lücke im Nummernsystem, sondern
auch eine
tiefe Wunde im Straßenbahnnetz. Aber auch durch die
Stilllegung der Linie 6 über den Griesplatz wurde dem Netz eine zusätzliche
Ausweichstrecke genommen.
.
Abschied
von der Linie 2 ("Ringlinie")
Der
rund 4 km lange "Zweier" (Hauptbahnhof - Wormgasse), verbliebener Rest der einstigen
6 km langen
"Ringlinie" (Hauptbahnhof
- Hauptbahnhof), wurde trotz Protesten
der Geidorfer Bevölkerung dem Ausbau der "Nordeinfahrt" nach
Graz über Andritz bis zum Geidorfplatz geopfert. Die geradlinige Fortsetzung der Glacisstraße
in Richtung Norden, die
Bergmanngasse, in der die Straßenbahn bei der Kreuzung zur Wormgasse seit
1963 ihre
Endstation hatte, wurde dazu aber erst 1976 ausgebaut.
Die
Bergmanngasse bestand zuvor aus zwei Teilstücken, die beide bei der
Kreuzgasse in einer Sackgasse endeten, da sich auf der nunmehrigen Kreuzung
die Häuser Kreuzgasse 12 und 14 befanden. Ursprüngliche Pläne hatten vorgesehen die
Bergmanngasse zweispurig in beide Richtungen (!) auszubauen. Damit wären
die Vorgärten in der Bergmanngasse Geschichte gewesen. Aufgrund eines
Neubaus, der Bau ragte in die geplante Trasse hinein, wurde die
Bergmanngasse als zweispurige Einbahnstraße aus dem Zentrum hinausführend ausgebaut,
während in die Gegenrichtung seither durch die Grabenstraße gefahren wird.
Die Lage der Endstation, zentral
im Gründerzeitviertel von Geidorf gelegen, war seit den frühen 1950ern von
der Gemeinde Graz gewollt. Die Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes
1954-1956 war der Zündfunke für den langsamen Tod der
"Ringlinie".
Mit 01.01.1954
verkehrten nur mehr Triebwagen auf der Strecke, da die Zufahrt von der
Keplerstraße zum Hauptbahnhof unterbrochen wurde und ein Umsetzen mit
Beiwagen in der Keplerstraße nicht erwünscht/vorgesehen war. Der Bau einer
provisorischen Gleisschleife in den Jahren 1954-1956 (Kosten: 250 000
Schilling, Stand: 1953) war notwendig geworden, da am südlichen
Bahnhofplatz Baumaterialien gelagert wurden und dadurch dort kein Platz
mehr für die Straßenbahn vorhanden war.
Eine Wiederherstellung der Verbindung
Gleisschleife Hauptbahnhof - Keplerstraße war
aus folgenden Gründen nicht vorgesehen: ·
die alte Keplerbrücke, sollte durch einen
Neubau ersetzt werden, die aus Kostengründen keine Straßenbahngleise mehr
tragen sollte (Anmerkung: die Keplerbrücke wurde erst 1962 neu errichtet
und dadurch
die Strecke zwischen Keplerstraße - Keplerbrücke stillgelegt, s. Plan
oben). ·
die Strecke der Linie 2 sollte in
der Keplerstraße durch eine O-Buslinie (verlängerte O-Buslinie O1)
ersetzt werden, um sich die aus der finanziellen Situation ergebende
Vernachlässigung der Strecke Keplerstraße - Geidorfplatz notwendige
Sanierung zu ersparen. ·
durch
Fahrgastzählungen im Frühjahr 1956 in der Keplerstraße, Wickenburggasse und
Humboldtstraße wurde beschlossen, die Strecke in diesen Straßenzügen stillzulegen. Die
geplante O-Busschleife in der neuen Gleisschleife der Straßenbahn am
Bahnhofplatz könne entfallen, da diese kostengünstiger zwischen
Keplerstraße und Baumkirchnerstraße errichtet werden könnte.
Kostenersparnis: 600 000 Schilling (Stand: 1956) (Anmerkung: die O-Busstrecke in der
Keplerstraße wurde nie errichtet, der "2er" in der Keplerstraße mit dem
Bau der neuen Keplerbrücke erst 1962 stillgelegt. Bis dahin wurde es den
Fahrgästen in der Keplerstraße zugemutet, bei der Endstation in der
Keplerstraße auszusteigen,
den Gürtel zu Fuß zu überqueren, um wieder in die Straßenbahn in Richtung
Annenstraße einsteigen zu können.)
In der Gemeinderatssitzung vom
03.05.1956 wurden Nägel mit Köpfen gebracht. Die Gleisverbindung
Keplerstraße - neue Bahnhofschleife sollte nicht wiedererrichtet werden und die
Strecke Keplerstraße - Keplerbrücke - Wickenburggasse - Humboldtstraße
nach dem Neubau der Keplerbrücke stillgelegt werden. 1962 war es
dann soweit. Durch den Brückenneubau wurde der 2er bis zur Keplerbrücke
zurückgezogen, nach der Eröffnung der neuen Brücke 1963 bis zur Wormgasse.
1969 war die Straßenbahnlinie 2 ab 02.07. bis 14.09. eingestellt.
Durch den Schienenersatzverkehr war ein großer Fahrgastrückgang zwischen
Jakominiplatz - Wormgasse die Folge.
Am
11.12.1970 war in der "Kleinen Zeitung" auf die Frage "Warum die
Einstellung?" zu lesen:
"Die Linie 2 wird aus verkehrstechnischen
Gründen der beabsichtigten Verlängerung der Bergmanngasse zur Grabenstraße
(Nordeinfahrt) geopfert".
Realisiert wurde dieses Projekt dann aber
erst 1976. Mit der Stilllegung des "2ers"
befürchtete man auf der
Strecke Jakominiplatz - Wormgasse einen Fahrgastrückgang um die Hälfte
bis zu zwei Drittel, der innerhalb weniger Monate nach
Stilllegung auch eintraf. Bis zuletzt war die Linie 2 die ertragreichste aller
Linien der damaligen Grazer Stadtwerke (heute: Graz Linien) gewesen.
Ursprünglich war der 06.01.1971 als
Einstellungsdatum der Linie 2 und die Stilllegung der Strecke
Jakominiplatz - Herrgottwiesgasse der Linie 6, aber auch die der Strecke
Zentralfriedhof - Puntigam der Linie 5 (s. Linie 6 unten) in den Medien
genannt worden. Dieser Termin wurde aber kurz vor Weihnachten 1970 auf
den 17.01.1971 verschoben.
Die Strecke hätte wahrscheinlich bis 1976
wieder reaktiviert werden können, bevor der Gleiskörper in der Glacisstraße zwischen der Kreuzung
Rechbauerstraße - Kaiser-Josef-Platz neu verlegt und so durch
das Herausreissen der Weichen die Strecke vom Restnetz abgetrennt wurde
(s.
Streckenstilllegungen).
Ersetzt wurde der 2er auf der Strecke
Jakominiplatz - Wormgasse durch die Buslinien B1/B2,
die zusätzlich ab Wormgasse weiter bis zur Kreuzgasse verkehrten. Diese
Buslinien ersetzten bereits ab 1957 die
Linie 3 nach
Gösting.
Nach dem Jahrhundertschnee 1986
wurde die Wiedererrichtung der Strecke Glacisstraße ab Rechbauerstraße -
Geidorfplatz - Keplerbrücke der Linie 2 geplant, noch im selben Jahr wurde
stattdessen die Buslinie 63 (Hauptbahnhof - Keplerbrücke - Geidorfplatz -
Eisteichsiedlung) eingerichtet
.
Abschied
von der Linie 6 über den Griesplatz
Am 11.12.1970 war in der "Kleinen Zeitung" auf die
Frage "Warum die Einstellung?" zu lesen: "Die Linie 6 wird
hauptsächlich wegen der hohen Verkehrsdichte in der Radetzkystraße
geopfert".
Ursprünglich hätte neben den Linien 2 und 6 auch die Linie 5
im Jahre 1971 eine Änderung erfahren sollen. So war die Stilllegung der
Strecke dieser Linie in der Triester
Straße vorgesehen, damit der Straßenzug vierspurig
ausgebaut werden kann. Pläne die Strecke von der West- an die Ostseite zu
verlegen wurden verworfen, da dadurch Friedhofsbesucher die Triester
Straße queren hätten müssen, was Proteste hervorrief. (Anmerkung: 1978
wurde die gesamte Trasse ab Zentralfriedhof Richtung Puntigam an die
Ostseite der Triester Straße verlegt. Damit wurde das zweimalige Queren
der Triester Straße durch die Straßenbahn vermieden.)
Die Stilllegungen der Strecken vom
2er und vom 6er erfolgten eher spontan als geplant. Noch im Mai
1970 wurden auf dem Radetzkyspitz (Kreuzung Radetzkystraße/Neutorgasse)
innerhalb von 14 Tagen die Gleise ausgetauscht, da diese bis zur
Sicherheitsgrenze abgefahren waren. Der damals schon übliche Betonunterbau
wurde dabei nicht realisiert.
Nach der Stilllegung der Strecke wurde 1973 eine
mögliche Wiederinbetribnahme durch das Herausreisen der Strecke
Radetzkybrücke - Radetzkystraße bis Friedrichgasse verunmöglicht
(s.
Streckenstilllegungen).
Beim Neubau der
Bertha-von-Suttner-Friedensbrücke hätte der stillgelegte Streckenast die
Aufrechterhaltung des Straßenbahnbetriebes nach Puntigam ermöglicht. So
musste 19 Monate lang ein Schienenersatzverkehr zwischen Jakominiplatz -
Puntigam über Radetzkybrücke durchgeführt werden.
Außerdem wurde
durch die Stilllegung die Baulänge folgender geplanter Strecken wesentlich
verlängert:
·
"Entlastungsstrecke" -
Variante: Griesplatz - Elisabethinergasse
(von Stadt favorisiert)
· "Südwest-Linie"
- Variante Griesplatz -
Kärntner Straße (von Stadt favorisiert)
- Variante Griesplatz -
Karlauplatz |