Kurzgeschichte des linken Mühlgangs
Die Geschichte des linksseitigen Mühlgang begann lange vor der ersten
industriellen Revolution, als Wasserkraft oftmals die einzige Energiequelle zum Antrieb
von
Maschinen wie z. B. Getreidemühlen war. Betrieben wurde er vom Grazer
Bäcker-Mühlen-Konsortium u. a. durch die seit Jahrhunderten stadtbekannte
Familie Sorger-Domenigg, einer Bäcker-Dynastie.
Über die Jahrhunderte war
dieses Gerinne für das Gewerbe in Graz und den damaligen eigenständigen
Gemeinden Geidorf und Andritz (heute: 3. und 12. Bezirk) unerlässlich. Der
etwas mehr als fünf Kilometer lange Mühlgang zweigte oberhalb der heutigen
Weinzödlbrücke von der Mur ab und verlief durch das heutige Wasserschutzgebiet Andritz
südlich entlang der heutigen Weinzöttlstraße, kreuzte diese jedoch zweimal.
Weiter ging es durch die Lindengasse, Kahngasse, Körösistraße bis dieser sich
wieder südlich der Keplerbrücke mit der Mur vereinigte. Bemerkenswert war, dass
der Mühlgang etappenweise über bis zu zwei Seitenarme verfügte.
Während
des 1. Weltkriegs wurde Kohle knapp, die u. a. für den Betrieb der
Dampfkraftwerke für die Erzeugung von Strom für die Straßenbahn benötigt wurde,
sodass mit den einzelnen Mühlen entlang von linkem und rechten Mühlgang
Stromlieferverträge abgeschlossen wurden.
ehemalige
Mühlen am linksseitigen Mühlgang, die Strom (in
Klammern) an die Straßenbahn
lieferten |
Arlandmühle
(19xx-1967)[1] |
Hauptmühle
(1926-1950)[2] |
Rottalmühle
(1919-1975)[3] |
Steiner
(1918-1950)[4] |
Durch das Auflassen der oben genannten Mühlen und weiterer
Kraftwerke nach dem 2. Weltkrieg
verlor der Mühlgang seine wirtschaftliche Bedeutung und damit seine
Daseinsberechtigung nach Ansicht der damaligen Stadtregierungen. Nun
wurde nach Gründen für ein Auflassen gesucht. Diese waren u. a.:
Bau der heutigen HTL Körösistraße auf den Steiner-Gründen durch den Bund.[5] Auf dem
östlichen Teil des Areals floss der Schöcklbach in den Mühlgang. Die
Bodenbeschaffenheit ließ eine Errichtung der HTL auf dem westlichen Teil
des Grundstücks angeblich nicht zu, sodass der östlich auf dem Areal
verlaufende dreiarmige Mühlgang stillgelegt werden sollte.
Ausbau der Körösistraße; allgemein die Schaffung neuer Verkehrsflächen,
wie auch Parkplätze.[6]
Ersparnis der Kosten für die Erneuerung der zahlreichen Mühlgangbrücken.[7]
U. a. auch der Brückenneubau in der Weinzöttlstraße durch den Bund, durch die zweimalige
Querung der Straße mit dem Mühlgang.
Schaffung von Rad- und Wanderwegen.[8]
Es entstand dadurch u. a. teilweise der Radweg von der Keplerbrücke über
die Körösistraße nach Andritz.
Gewinnung neuer Bauflächen für Wohneinheiten.
Verlauf Linker
Mühlgang (Testversion)
Totgesagte leben länger
Von den ersten Plänen der
Stilllegung bis zur Realisierung vergingen Jahre. Mitte Oktober 1976 wurde
der Mühlgang ausgelassen.[9] Doch anstatt sofort zugeschüttet zu werden
folgte eine jahrelange Diskussion. Im Frühjahr 1977 beschwerten sich
Anrainer in der Körösistraße über die Ungezieferplage, die vom
verschlammten ausgelassenen Mühlgang herrührte. In dieser Zeit entstanden
Überlegungen den Mühlgang in ein Naherholungsgebiet umzuwandeln.[10] Ein Plan,
der durch fehlende finanzielle Mittel zum Scheitern verurteilt war.
Eine weitere Überlegung war die Straßenbahnstrecke der Linien 4 und 5 bei
der Keplerbrücke in das ausgelassene Becken des Mühlgangs zu verlegen,
damit Störungen zwischen Straßenbahn und Individualverkehr der
Vergangenheit angehören würden.[11]
Auf den Spuren...
Der Mühlgang wurde spätestens in den
frühen 1980ern vollständig zugeschüttet. Dennoch finden sich noch
Straßenschilder, die auf Mühlgangbrücken hinweisen. Das zugeschüttete
Becken selbst ist vielerorts noch erkennbar.
Fotos der Grazer Mühlgänge
Dieses
Foto zeigt einen Teil des Gebäudekomplexes Körösistraße 21-23. Hierzu ein
Vergleichsbild (externer Link), dass die Situation zeigt, als es den
Mühlgang noch gab. Das Bild finden sie auf folgender
Seite.
Auffällig ist die wesentlich stärkere Strömung des linksseitigen Mühlgangs,
während der rechtsseitige heute noch mit gemächlicherem Tempo durch die Bezirke
Gösting, Lend, Gries und Puntigam und weiter durch die südlichen Umlandgemeinden
fließt.
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